Seltene Erkrankungen werden aufgrund ihrer Seltenheit und fehlender Daten und Forschungsprogramme von Gesundheitsbehörden häufig nicht als öffentliches Gesundheitsproblem wahrgenommen. Auch das Interesse der pharmazeutischen Industrie ist aufgrund des kleinen Marktes oft gering, wodurch wiederum die zur Verfügung stehenden Forschungsgelder sehr limitiert sind. Nichtsdestotrotz sind seltene Erkrankungen oft lebensbedrohend oder chronisch. Sie sind in den meisten Fällen angeboren und betreffen daher nur wenige Menschen, was die Diagnose und geeignete Therapieempfehlungen zusätzlich erschwert.
In der EU werden alle Erkrankungen, die weniger als 5 von 10 000 Personen betreffen, als selten eingestuft. Diese Anzahl erscheint verhältnismäßig gering, ergibt aber in ihrer Gesamtheit in allen 27 EU-Ländern eine Anzahl von etwa 246 000 Personen. Die meisten Patienten leiden sogar an noch selteneren Erkrankungen, die nur eine von 100 000 Personen betrifft. Aktuellen Schätzungen zufolge sind innerhalb der EU 6-8 % der Bevölkerung von insgesamt 5000 bis 8000 verschiedenen seltenen Erkrankungen betroffen – das entspricht 27 bis 36 Millionen Menschen. Diese Zahl stellt Sozialversicherungen und Gesundheitssysteme vor ein beachtliches Problem.
Die Besonderheiten von seltenen Erkrankungen, wie die eingeschränkte Anzahl an Patienten und mangelnde Expertise, sind Umstände, die international Zusammenarbeit und Vernetzung mötig machen, um den Austausch des spärlichen Wissensstandes zu fördern, um Ressourchen möglichst effizent gemeinsam nützen zu können und damit Problemen, die seltene Erkrankungen hervorrufen, so effektiv wie möglich zu begegnen. Die EU hat diese Problematik erkannt und eine Initiative für Seltene und Unbekannte Erkrankungen gestartet, um Forschung und eine starkes EU-weites NEtzwerk zu fördern, und eine gemeinsame Plattform für bessere diagnostische Ansätze, das Training von Medizinern und deren Zusammenarbeit im Austausch von Expertisen verfügbar zu machen.